13.06.87 
                
                Dufte Filmpremiere im Köngener Jugendhaus 
                Vor zirka 300 Besuchern fand kürzlich im ausverkauften Köngener 
                Jugendhaus die Premiere des Films "Destination Suloland oder Wo 
                bleibt die Message?" statt; ein Film, den 
                die Köngener Jugendgruppe Schnullenuckler 
                in eigener Regie abgedreht, geschnitten und vertont hat. Der Film 
                handelt von einem Jugendlichen, der bei deinem Versuch sich in 
                verschiedene Gruppierungen der Jugendszene einzugliedern, auf 
                Schwierigkeiten stößt. Als Rahmenprogramm des Streifens habensich 
                die jungen Amateurfilmer einiges einfallen lassen. Nach dem Sektempfang 
                hatte jeder Zuschauer die Möglichkeit, ein Mitmachpäckchen zu 
                erwerben. Es wurde nach beigefügtem Liedblatt der Soundtrack des 
                Films mitgesungen, bei der Colawerbung des Film zischten 100 Dosen; 
                es wurde mitgeklatscht, mitgeschunkelt, mitgesungen und viel gelacht. 
                Klopapierrollen wurden als Luftschlangen geworfen, Schokoladenpudding 
                und Vollkornkekse gab es zur Untermalung der Filmszenen. Die Stimmung 
                hatte ihren Höhepunkt, als während einer Werbung für leichte, 
                beschwingende "Jumbo Lights"-Zigaretten der Darsteller der Szene 
                live, von Kletterseilen gehalten durch die Halle "schwebte" und 
                Zigaretten verteilte. Das zu gut einem Viertel aus Darstellern 
                bestehende Publikum ging begeistert mit und trug so seinen Teil 
                zum Gelingen des Abends bei. Eineinhalb Stunden Mitmachkino bei 
                dem jeder ins Schwitzen kam.
                
              Esslinger 
                Zeitung, 23./24.05.87 
                von Alexander Maier 
                Video macht's möglich: Hollywood im Neckartal 
                Köngen - Das Erfolgsrezept der "Schnullennuckler" war ebenso einfach 
                wie erfolgversprechend: Mit großem Engagement, pfiffigen Ideen, 
                wenig Geld und 150 Mitstreitern wagte die Köngener Jugendgruppe 
                den verwegenen Schritt in die große Welt des Filmgeschäfts. Nach 
                gut einem halben Jahr auf glattem cineastischen Parkett hatten 
                sie erreicht, was ihnen anfangs nur die wenigsten zutrauen mochten: 
                "Schnulli-Productions" hatten einenzweistündigen Film gedreht, 
                der durch witzige 
                Ideen, mutige Stunts und Liebe zum Detail besticht. Vor wenigen 
                Tagen erlebte der Video-Streifen "Destination Suloland" in der 
                Köngener Lindenturnhalle Premiere. 
                
                
                Der 
                unverhoffte Erfolg mag die jungen Filmemacher selbst am meisten 
                überrascht haben. Als sich der 22jährige Jochen Maier und seine 
                Crew vor gut sechs Monaten zum ersten Drehtag trafen, hatten sie 
                nicht viel mehr als eine geborgte Video-Kamera, einen zerschlissenen 
                Drehzettel und die vage Vermutung:"Es müßte doch Spaß machen, 
                'mal einen Spielfilm selbst zu drehen." Doch mit jedem Drehtag 
                kristallisierte sich der Anspruch der Köngener Jugendgruppe deutlicher 
                heraus: Ein Spielfilm sollte es werden, der sich, nicht immer 
                tierisch ernst, mit den Kulturen und Subkulturen der Jugendszene 
                beschäftigt und der das heute allzu übliche Schubladen-Denken 
                kritisch aufs Korn nimmt. 
              Keine 
                starre Rollenverteilung 
                Auf eine starre Rollenverteilung, wie sie im Filmgeschäft üblich 
                ist, hatten sich die "Schnullenuckler" von vornherein nicht eingelassen. 
                Zwar fand sich mit der Zeit ein "harter Kern" von Mitarbeitern 
                zusammen, doch jeder hatte bis zuletzt die Möglichkeit, sich aktiv 
                an der Produktion zu beteiligen - egal, ob vor oder hinter der 
                Kamera. So entstand jene Eigendynamik, der "Destination Suloland" 
                viel von seinem Reiz verdankt. Kameramann Reinhardt Lamparter 
                (17) erinnert sich: "Manche Szenen waren ursprünglich ganz anders 
                geplant und wurden erst während der Dreharbeiten endgültig festgelegt." 
                
              150 
                "freie" Mitarbeiter 
                Rund 150 Jugendliche aus Köngen und Wendlingen trugen sich währed 
                der Dreharbeiten in die Mitarbeiterliste ein. Freilich hatte Regisseur 
                Jochen Maier, der stets die Fäden in der Hand behielt, nie das 
                gesamte Filmteam beisammen: Je nach Szene standen mitunter ganz 
                verschiedene Besetzungen vor der Kamera. Besonders kniffelig mag 
                es gewesen sein, jedem Akteur die Rolle zu geben, die ihm auf 
                den Leib geschneidert ist. Doch die Produktionsleitung bewies 
                auch hier eine glückliche Hand - etwa bei der Besetzung der Hauptrolle, 
                in der der 17jährige Oliver Valet sein Filmdebüt feiert. "Destination 
                Suloland" lebt ganz wesentlich vom Spaß, der dem Film-Team während 
                der Dreharbeiten offenkundig nie abhanden kam - selbst dann nicht, 
                wenn eine Szene zum xten Male wiederholt werden mußte.Stuntman 
                Stefan "Linus" Traub (21) versichert jedenfalls: "Die Filmerei 
                hat jedem zugesagt." Anders wäre es ja wohl auch kaum möglich 
                gewesen, eine derart aufwendige Produktion durchzuziehen: Jeden 
                Montag traf sich die Crew, um die Wochenplanung zu bereden, die 
                Wochenenden waren stets für die Dreharbeiten reserviert. "Freizeit" 
                war für die Macher im Filmteam während der vergangenen sechs Monate 
                ein Fremdwort. 
              Großes 
                Lob für tolerante Eltern 
                Die rund zweistündige Video-Produktion der "Schnullenuckler" entstand 
                an den unterschiedlichsten Drehorten, Jochen, "Linus", "Olli" 
                und ihre Freunde holten ein Stückchen Hollywood in die Köngener 
                Fußgängerzone, die Stuttgarter City, auf dem Firmengelände im 
                Neckartal und in eine einsame Berghütte. Und wenn 'mal gar kein 
                anderes Studio verfügbar war, mußten Jochen Maiers Eltern kurzerhand 
                Wohnzimmer und Keller für einige Tage räumen. Die Maiers hatten 
                offenbar Verständnis für die Begeisterung ihres Sprößlings, der 
                ihnen freimütig bescheinigt: "Meine Eltern waren tolerant. Die 
                mußten einiges mitmachen." 
              Kinoreife 
                Action-Szenen 
                Doch nicht nur die Maiers - jeder einzelne im Filmteam war gefordert. 
                Ohne die zahllosen Requisiten, die vielen Kostüme und das gigantische 
                Aufgebot bemalter Müll-Jumbos wäre "Destination Suloland" kaum 
                entstanden. Der rund zweistündige Streifen übertrifft den Aufwand 
                einer reinen Amateurproduktion bei weitem. Jede Sequenz wurde 
                mit Präzision und Detailtreue insziniert, keine Mühe schien zu 
                viel. Eine Szene im Schicki-Micki-Milieu: undenkbar ohne Ferrari, 
                Daimler und Golf Cabrio. Eine heiße Vefolgungsjagd: natürlich 
                mit kinoreifer Action-Szene "Auto contra Bauwagen". Ja, sogar 
                ein eigener Heimatabend wurde stilecht aufgezogen, um den passenden 
                Rahmen für eine zehnminütige Sequenz zu liefern. Das alles wurde 
                freilich noch übertroffen von der aufwendigen Dramaturgie der 
                Filmpremiere, die rund 300 begeisterte Fans in der Köngener Lindenturnhalle 
                erlebten. Ob die "Schnullenuckler" nun ins harte Filmgeschäft 
                einsteigen, scheint fraglich. Doch eines ist gewiß: "Destination 
                Suloland" soll nach der Premiere nicht im Regal verstauben. Jochen 
                Maier und seine Freunde schauen sich derzeit nach Spielstellen 
                um und hoffen darauf, daß sich schon bald die ersten Interessenten 
                in ihrer Köngener Zentrale (Denkendorfer Str. 19) melden. 
              Souveräner 
                Balanceakt 
                Köngen - Zugegeben, betrachtet man allein die Bild- und Tonqualität, 
                fällt "Destination Suloland", der Film der Köngener Jugendgruppe 
                "Schnullenuckler", kaum aus dem üblichen Rahmen gutgemeinter Amateurproduktionen.. 
                Und doch haben Regisseur Jochen Maier und sein Team einen Film 
                gedreht, der weit mehr ist als ein Zeitvertreib junger Hobbyfilmer. 
                "Destination Suloland" beschreibt die Odyssee eines Zwanzigjährigen 
                durch den Dschungel der Jugendszene. Mit großen Augen bewegt sich 
                der Hauptdarsteller "Olli" Valet gekonnt durch die Welt der Müslis 
                und Punks, der Schickis und Chaoten. Beharrlich versucht er, im 
                Land der Mülltonnen ("Sulo-Land") seinen Weg inmitten der Kulturen 
                und Subkulturen zu finden, die eigentlich nur von einem so recht 
                überzeugt sind: von sich und ihrer Unfehlbarkeit. Und wo bleibt 
                die Message? 
                Am Ende muß "Olli" erkennen: Whisky, Weiber und Moneten machen 
                ihn auf Dauer genauso wenig an wie die unreflektierte Verehrung 
                von Weizenkeim und Psych-Gelaber. Er zieht es schließlich vor, 
                bewußt seinen eigenen Weg zu gehen und sich in keines der heutigen 
                Klischees pressen zu lassen. Jochen Maier und seinem Team ist 
                mit "Destination Suloland" ein souveräner Balanceakt auf dem schmalen 
                Grat zwischen Klamauk und ernsthafter Auseinandersetzung mit den 
                verschiedenen Ausprägungen der heutigen Jugendszene gelungen. 
                Der Film lebt von der ersten bis zur letzten Minute von der Begeisterung 
                seiner Macher. Witzige Einfälle, besonders im abschließenden Werbeblock, 
                wechseln sich ab mit gewagten Stunts und sensiblen Milieustudien. 
                Nur eines hätte dem Erstlingswerk von "Schnulli-Productions" noch 
                gutgetan: ein etwas strafferer Schnitt, der die Dynamik des Videostreifens 
                noch besser unterstrichen hätte. 
                
                
                
                "Ein toter Fisch hält Lude frisch. 
                Eine tote Flunder macht den Lude wieder munter."